01/10/2023

Stellungnahme zum Kommissionsentwurf der Berichtsstandards nach der CSRD

Die Stiftung Familienunternehmen und Politik dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme. Die neue "Corporate Sustainability Reporting Directive" (Nachhaltigkeitsrichtlinie, kurz CSRD) sieht umfang­reiche und komplexe Berichterstattungspflichten vor. Die Unternehmen sollen demnach viel detaillierter als bisher über ihre Nachhaltigkeitsziele und -aktivitäten, ihre diesbezügliche Politik und Strategie berichten. Einen Großteil der Adressaten der CSRD bilden dabei Familienunternehmen, das sind rund 90 Prozent aller Unternehmen in Deutschland. Die Etablierung europäischer Nachhaltigkeitsberichtsstandards schafft zusätzliche Komplexität. Dies gilt ge­rade auch vor dem Hintergrund der Verbindung der CSRD mit weiteren EU-Regelwerken zur Nachhaltigkeit, insbesondere zur Taxonomie-Verordnung und der in diesem Rahmen zu beachtende delegierte Rechtsakte. Hinzu kommt das Erfordernis, die Informationen in einem digitalen, maschinenlesbaren Format zu veröf­fentlichen. In der Konsequenz wird eine neue und hochkomplexe Dimension der Nachhaltigkeitsberichter­stattung geschaffen. Die mit der CSRD verbundenen Bürokratielasten binden erhebliche Kapazitäten. Diese stehen gerade bei mittelständischen Unternehmen nicht mehr zur Verfügung, wenn es etwa um die Entwick­lung neuer Umwelttechnologien geht. Somit drohen der nachhaltigen Entwicklung durch die CSRD insge­samt Rückschläge. Darüber hinaus verstoßen die branchenspezifischen Kriterien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in ihrer Entwicklung gegen das Unionsrecht. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie der Stiftung Familienunterneh­men. Denn mit dem CSRD-Entwurf entscheidet die EU-Kommission über die Ausgestaltung diverser Nachhaltigkeitsberichtsstandards durch delegierte Rechtsakte faktisch selbst. Allerdings sind die Bestimmungen so weitreichend, dass sie eigentlich zwischen EU-Parlament und Rat diskutiert werden müssten. Unabhängig davon ist aus Sicht der Familienunternehmen die Kompatibilität der in Entwicklung befindlichen europäischen Standards mit den gängigen, internationalen Nachhaltigkeitsberichtsregelwerken (z.B. GRI oder UN Global Compact) von zentraler Bedeutung. Eine Abweichung der Regelwerke mit der Folge, dass die Unternehmen schlimmstenfalls zweimal bzw. doppelt berichten müssten, muss in jedem Fall vermieden werden. Darüber hinaus spielt für Familienunternehmen auch der Zeithorizont der Berichtspflichten eine wichtige Rolle. Mit den Anwendungsfristen der CSRD wird sich eine qualitativ hochwertige Berichterstattung nicht erreichen lassen. Zur sorgfältigen Umsetzung der komplexen Berichtsvorgaben benötigen die Unternehmen schließlich mehr Vorlaufzeit. Der Zeitpunkt der Erstanwendung - bereits in Bezug auf das Geschäftsjahr 2024 - muss daher verschoben werden. Berichtspflichten müssen zwingend an einen nachgewiesenen Mehrwert gekoppelt werden. Vor dem Hintergrund ihres komplexen Inhalts, des Zeitplans, aber auch angesichts der Tatsache, dass viele Familienunternehmen schon seit langem über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten umfangreich berichten, erscheint dies bei der CSRD zweifelhaft.

Zum Kommissionsentwurf der Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung:

  1. Anwendungsrahmen und inhaltliche Ausgestaltung:
    Der massive Umfang - von alleine etwa 400 Punkten in der verpflichtenden Basis - sowie die Informationsfülle der Standards im Entwurf stellen Familienunternehmen vor immense Herausforderungen. Dies gilt konkret etwa für die Bereiche Umwelt und Soziales. Praktikabilität und Handhabbarkeit müssen zur Richtschnur der Anforderungen werden, es braucht drastische Kürzungen. Notwendig ist die Konzentration auf wenige, eindeutige Standards.
    Familienunternehmen berichten, dass bereits die Durchsicht und Analyse der Standards neben dem allgemeinen Tagesgeschäft erhebliche Kapazitäten bindet und im Rahmen des Konsultationszeitraumes äußerst schwierig ist. Dies erscheint besonders bemerkenswert vor dem Hintergrund, dass Unternehmen angeben, die CSRD und ESRS eigentlich auch als Chance wahrzunehmen zu wollen, die eigene Transformation zu stärken und Transparenz zu erhöhen.
    In Anbetracht der nicht zielgerichteten Datenfülle dürfte auch die Analyse und Verarbeitung für den Informationsempfänger eine erhebliche Schwierigkeit darstellen. Auch die Komplexität der Berichtsanforderungen - anzuwenden auf den gesamten Konsolidierungskreis eines Unternehmensjahresabschlusses - stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Die erforderliche Datenverfügbarkeit und -qualität führen gemeinsam zu einem stark erhöhten Aufwand.
  2. Erforderliche Anpassungen:
    Als positiv im Sinne von pragmatisch - aber nicht weitgehend genug - bewerten Familienunternehmen die auf Basis der vorherigen Konsultation im Entwurf umgesetzten Änderungen. Dies betrifft z.B. das Streichen des "rebuttable presumption"-Ansatzes. Die dahinterstehende Wesentlichkeitsbeurteilung durch das betroffene Unternehmen sollte an weiteren Stellen Eingang in die Standards finden.
    Auch begrüßen Familienunternehmen die Angleichung an andere Standards wie ISSB. Gleiches gilt für die erfolgte Löschung des G2 im Entwurf (da bereits an vielen anderen Stellen quasi umgesetzt). Dass die Standards nach der CSRD im Entwurf insgesamt etwas verschlankt wurden, ist ein Schritt in die richtige Richtung, greift aber noch deutlich zu kurz.
    Zusammenfassend lässt sich sagen: Die CSRD-Richtlinie enthält nach unserer Analyse 1500 bis 2000 Berichtspunkte. Familienunternehmen können diese Vielzahl von Anforderungen kaum noch handhaben. Diese Regulierungsdichte stellt im internationalen Wettbewerb einen erheblichen Standortnachteil dar.

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Moritz Hundhausen

Moritz Hundhausen

Leiter Europäische Politik

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