Nachhaltigkeit ja, Bürokratiemonster nein

Familienunternehmen sind auch deshalb so erfolgreich, weil sie seit jeher nachhaltig wirtschaften. Die 500 größten Familienunternehmen sind im Durchschnitt 100 Jahre alt. Das Bestehen über mehrere Generationen hinweg ist nur möglich, weil sie sich langfristig ausrichten. Das heißt für sie auch, Klimaschutz ernst zu nehmen. Viele Unternehmen haben sich längst auf den Weg gemacht. Der Gesetzgeber sollte dies unterstützen und nicht mit Bürokratie erschweren. Noch nicht überall herumgesprochen haben sich die Pläne der EU-Kommission, das nachhaltige Wirtschaften mit weitgehenden neuen Berichtspflichten zu verbinden. Allein in Deutschland müssen 15.000 Unternehmen mit neuen oder erweiterten Anforderungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung rechnen. Lediglich 500 deutsche Unternehmen waren bisher zur sogenannten nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet. Die künftige Nachhaltigkeitsberichterstattung trifft aber nicht nur 30 Mal mehr Unternehmen. Sie ist auch wesentlich breiter und tiefer. Die EU-Kommission hat schon vor einigen Monaten einen Richtlinienvorschlag zur Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgelegt.

In Zukunft sollen nicht mehr nur kapitalmarktorientierte Unternehmen, also insbesondere börsennotierte Konzerne, dieser erweiterten Berichterstattung unterliegen. Sie soll vielmehr für alle Unternehmen gelten, die mehr als 250 Beschäftigte haben oder einen Jahresumsatz von mehr als 40 Millionen Euro erzielen oder eine Bilanzsumme von mindestens 20 Millionen Euro aufweisen. Typischerweise werden so vor allem auch Familienunternehmen verpflichtet sein, einen Nachhaltigkeitsbericht vorzulegen.

Die Unternehmen müssen dann Fragen wie diese beantworten: Wie läuft die Energieversorgung des Unternehmens? Sinken die CO2-Emissionen? Welche Wasserressourcen werden wie genutzt? Die Kommission schließt in ihren Entwurf neben den Umweltfaktoren auch Sozialfaktoren wie Chancengleichheit, Geschlechtergerechtigkeit, Lohngleichheit, und Fragen der Governance wie Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, Zahlungspraktiken, Rolle der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane des Unternehmens und vieles andere mit ein. Die Unternehmen müssen auch Angaben zur Wertschöpfungskette machen und damit zu den eigenen Tätigkeiten, Produkten und Dienstleistungen, ihren Geschäftsbeziehungen und Lieferketten.

Gerade Familienunternehmen stehen für nachhaltige Geschäftsmodelle und nehmen den Kampf gegen Klimawandel ernst. Dennoch ist aus ihrer Sicht die EU gerade dabei, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Denn die vorgesehene Regelung schafft nicht mehr Klimaschutz, sondern vor allem kostspielige Bürokratie und überbordende Offenlegungspflichten.

Der Nachhaltigkeitsbericht soll Teil des Lageberichts sein und von Wirtschaftsprüfern kontrolliert werden. Das heißt: Es werden nicht nur neue Dokumentationspflichten eingeführt, sondern die Unternehmen müssen auch für die Prüferkosten aufkommen.

Die Kommission selbst geht europaweit von 49.000 betroffenen Unternehmen aus. Ihnen sollen Einführungskosten in Höhe von 1,2 Milliarden Euro und jährliche Kosten von 3,6 Milliarden Euro entstehen. In der Praxis wird das wohl eher nur die Untergrenze des Aufwandes darstellen. Für die betroffenen Unternehmen führt das zu einem Mehraufwand von durchschnittlich rund 100.000 Euro. Das zeigt die Dimension.  

Familienunternehmerinnen und -unternehmer scheuen sich nicht, ihre Aktivitäten zur Nachhaltigkeit offenzulegen. Dies muss aber mit einer schlanken Bürokratie und einem kostengünstigen Verfahren mit ausreichend Vorbereitungszeit einhergehen. Dafür setzt sich die Stiftung Familienunternehmen und Politik in Brüssel ein. Mit einem neuen Bürokratiemonster ist niemandem gedient. Die EU sollte bei der Umsetzung des Green Deal darauf achten, Bürger und Unternehmen mitzunehmen. Nur so wird das Umsteuern zum klimafreundlichen Wirtschaften gelingen.  

Kontakt

Roland Pichler

Roland Pichler

Leiter Haus des Familienunternehmens

Haus des Familienunternehmens

Telefon: +49 (0) 30 / 22 60 529 15
Telefax: +49 (0) 30 / 22 60 529 29

E-Mail: pichler(at)familienunternehmen-politik.de