11/01/2016
Alexander Wiegand

Rekrutierung als wichtigste Herausforderung

Für jedes Unternehmen stellt die Rekrutierung von genügend talentierten Fach- und Führungskräften die zentrale Herausforderung der Zukunft dar. Es geht allerdings nicht nur um die Rekrutierung, sondern auch darum, die Talente möglichst langfristig für das Unternehmen zu gewinnen.

In den letzten Jahren hat sich der Arbeitsmarkt im hochqualifizierten Bereich grundsätzlich gewandelt. War früher allenfalls in Boomphasen ein Mangel an entsprechend qualifizierten Bewerbern zu verzeichnen, so ist dies heute zu einem Dauerzustand geworden, der sich aller Voraussicht nach in den nächsten Jahren noch deutlich verschärfen wird. Wenn die geburtenstarken Jahrgänge in etwa zehn Jahren in den Ruhestand gehen, stößt eine dadurch bedingte höhere Nachfrage auf ein demografisch bedingtes noch geringeres Angebot als heute. Gleichzeitig steigt der Bedarf durch den Strukturwandel in unserem Lande. Das Verhältnis Akademiker/innen zu Nichtakademikern/innen dürfte in jedem Betrieb in den letzten Jahren stark angestiegen sein und sich in Zukunft weiter vergrößern.

Familienunternehmen sind heute auf dem Arbeitsmarkt nicht grundsätzlich schlechter gestellt als Großkonzerne. Auch das hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Während sie früher häufig das Image von autokratisch geführten Unternehmen mit intransparenten Entscheidungswegen hatten, liegen sie heute in der Gunst von vielen Absolventen eher vorne. Moderne Führungsstrukturen, schnellere Entscheidungswege, der „direkte Draht zum Chef“ sowie häufig bessere Karrierechancen sind dabei ausschlaggebend. Auch bei der internationalen Präsenz stehen heute viele Familienunternehmen Großkonzernen nur wenig nach und können ebenso interessante Karrieremöglichkeiten auf der ganzen Welt bieten.

Zum Nachteil gereicht vielen Familienunternehmen allerdings, dass sie häufig in der Provinz abseits der großen Ballungsgebiete angesiedelt sind. Dieser Nachteil ist nur schwer wettzumachen. Die Attraktivität der Ballungsräume mit ihrem reichhaltigen Angebot an Kultur, Infrastruktur und Freizeitmöglichkeiten wirkt äußerst anziehend, gerade auf hochqualifizierte Kräfte, die dort sozialisiert wurden.

Jedes Unternehmen muss sich auf diese Herausforderungen einstellen. Die Positionierung auf dem Arbeitsmarkt wird genauso wichtig wie die Positionierung auf den jeweiligen Absatzmärkten und verlangt entsprechenden Aufwand.

In Zeiten des Mangels an qualifizierten Bewerbern gilt es insbesondere auch, die Identifizierung bestehender Talente im Unternehmen zu fokussieren. Die Weiterentwicklung und Förderung dieser ist von großer Relevanz hinsichtlich der nachhaltigen Bindung an das Unternehmen. Gleichzeitig gilt es ein möglichst attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen. Dazu gehören Unternehmenskultur, ein interessanter Aufgabenbereich, Vereinbarkeit von Beruf und Familie und vielfältige Weiterbildungsmöglichkeiten, um nur einige wichtige Elemente zu nennen.

Man muss sich aber auch grundsätzlich mit der Frage beschäftigen, welche Unternehmensfunktionen und Bereiche zum Kerngeschäft gehören und welche nicht oder ob diese allenfalls auch in Ländern angesiedelt werden können, in denen sich die Arbeitsmärkte nicht in einem derart angespannten Zustand befinden. Zugleich profitieren international aufgestellte Familienunternehmen davon, gezielt Talente in wirtschaftlich interessanten Regionen zu identifizieren und in der Unternehmenszentrale einzusetzen. Hierdurch ist es möglich, den Folgen der Demografie für den Arbeitsmarkt entgegenzuwirken und zudem die internationale Zusammenarbeit zu verbessern.

Seit 1996 führt Alexander Wiegand das Familienunternehmen, das 1946 von seinem Großvater im unterfränkischen Klingenberg gegründet wurde. Heute ist WIKA ein global agierendes Familienunternehmen mit rund 9.000 Mitarbeitern, das weltweit führend für Messgeräte der Druck-, Temperatur-, Füllstand-, Durchfluss- und Kalibriertechnik ist. Im Jahr 2015 erzielte der Gesamtkonzern einen Umsatz von 845 Millionen Euro.