Dr. Dr. h.c. Manfred Fuchs

Globale Präsenz, nationale Hürden

Die großen deutschen Familienunternehmen haben sich nach dem 2. Weltkrieg zunehmend internationalisiert und sind heute global, zumindest aber europäisch aufgestellt. Das gilt insbesondere für den industriellen Bereich, oft aber auch für die Bereiche des Handels und der Dienstleistung.

Hochtechnologie und Spezialisierung zwangen die Unternehmen zu immer stärkerer Internationalisierung, da das eine ohne das andere nicht zu denken war. Das rein nationale Marktpotenzial bot keine ausreichenden Chancen des Bedarfs und der Kostendegression. Internationalisierung wurde so zugleich zur Wachstumsstrategie und die daraus resultierende Unternehmensgröße und Ressourcenstärke zum Maß der Chancen- und Risikofähigkeit.

Die Entstehung des europäischen Binnenmarkts, aber auch die Öffnung früher nicht oder schwer zugänglicher Weltregionen in Mittel- und Osteuropa einschließlich Russland sowie in einer ganzen Reihe von Ländern im Raum Asien-Pazifik haben zusätzliche Chancen eröffnet, die die großen Familienunternehmen konsequent genutzt haben. Der globale Markt hat sich erheblich erweitert.

Wichtig wurde auch die Möglichkeit, im europäischen Binnenmarkt von der früheren Fragmentierung national strukturierter Tochtergesellschaften und Standorte zu gesamteuropäischen Sparten, Funktionsbereichen, Prozessketten und Logistikkonzepten sowie Führungsstrukturen überzugehen. Die deutschen Familienunternehmen konnten also in ihrem europäischen Heimatmarkt zu einem hohen Grad der Integration gelangen und entsprechende Synergien heben.

All diese Entwicklungen waren und sind für den seit 85 Jahren bestehenden FUCHS PETROLUB-Konzern entscheidend. Er hat sich aus einem ursprünglich deutschen Geschäft mit einigen Exporten in den 70er- und 80er-Jahren mit eigenen Gesellschaften und Produktionsstätten auf dem europäischen Markt positioniert. Es folgten der Aufbau in Nord- und Südamerika sowie in Asien-Pazifik und Afrika, so dass ein globales Unternehmen mit 33 Werken entstand. Das schließt als Teil der Konzernregion Europa auch Mittel- und Osteuropa inklusive Russland ein.

Heute entfallen 51 Prozent des Umsatzes auf Europa, 31 Prozent auf Asien-Pazifik und Afrika sowie 18 Prozent auf Nord- und Südamerika. Auch Forschung und Entwicklung wurden in den letzten Jahrzehnten immer internationaler. Wichtige Technologiezentren befinden sich inzwischen nicht mehr nur in Deutschland, sondern arbeitsteilig spezialisiert in einigen anderen europäischen Ländern sowie insbesondere in den USA und in China. Diese Internationalität schlägt sich natürlich in der Führung nieder. Jede der drei FUCHS-Weltregionen ist einem der fünf Vorstandsmitglieder zugeordnet. Die Teilregionen berichten dann an bestimmte Mitglieder des Group Management Committee, die in der Regel in ihren Regionen stationiert sind. Im Übrigen setzt das Unternehmen auf lokale Fach- und Führungskräfte in den einzelnen Ländern sowie auf seinen globalen „Talent Pool“ – eine Gruppe von internationalen Nachwuchskräften. Hinzu kommen Auslandsentsendungen, fallweise aber auch die globale Rotation von Fach- und Führungskräften.

Die rechtlichen und steuerlichen Gegebenheiten in Deutschland sind dieser Internationalität der Familienunternehmen nicht immer förderlich. Mit den Unternehmen internationalisieren sich nämlich auch die Familien, wobei an längerfristige Entsendungen, Wohnsitzwechsel zur Wahrnehmung von Führungsaufgaben im Ausland, internationale Eheschließungen, ausländische Studien- und Ausbildungsaufenthalte sowie andere Gegebenheiten zu denken ist; desgleichen an die Umstrukturierung internationaler Familienkonzerne. Dies sind oft Vorgänge, auf die der Tatbestand der deutschen Wegzugsbesteuerung, das Abstellen auf die EU bzw. den Europäischen Wirtschaftsraum sowie die zivilrechtlichen Vorschriften des Ehe-, Unterhalts- und Erbrechts ebenso wenig passen, wie der derzeitige Stand der Reformdiskussion des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts, der in einer globalen Welt Beteiligungen außerhalb Europas zu steuerschädlichem Verwaltungsvermögen machen will.

Der Gesetzgeber kann nicht einerseits globale Präsenz und Exportweltmeisterschaft wollen, andererseits aber mit der deutschen Elle messen!

Dr. Dr. h.c. Manfred Fuchs trat 1963 die Unternehmernachfolge seines Vaters Rudolf Fuchs an, der 1931 in Mannheim ein Schmierstoffunternehmen gegründet hatte. Er entwickelte das Familienunternehmen zu einem der weltweit größten Schmierstoffhersteller und wechselte im Jahr 2004 vom Vorsitz des Vorstands in den Aufsichtsrat des Unternehmens über. Er ist dessen Vorsitzender sowie Hauptaktionär der FUCHS PETROLUB SE. Rund 5.500 Mitarbeiter erwirtschaften weltweit einen Umsatz von über 2,6 Milliarden Euro.

FUCHS PETROLUB SE, die konzernleitende Obergesellschaft der Gruppe, hat ihren Sitz nach wie vor in Mannheim.