12/02/2025
Dr. Nicolas Maier-Scheubeck, Geschäftsführer der Maschinenfabrik Reinhausen

Kein schöner Land

Dr. Nicolas Maier-Scheubeck, Geschäftsführer der Maschinenfabrik Reinhausen GmbH

Mit Abschluss der Verträge zu Wiedervereinigung und Europäischer Union erlangte die Soziale Marktwirtschaft Verfassungsrang. Seither finanziert sie Aufbau Ost, EU-Erweiterung, Migration und den Sozialstaat. Daneben auch eine naive Energiewende, welche die Kaufkraft der Bürger belastet und — bei rückläufiger Industrieproduktion — den Ausstoß von Treibhausgasen kaum senkt. Trotz jahrzehntelanger Vernachlässigung der Daseinsvorsorge dient selbst das neue „Sondervermögen“ nur hälftig zusätzlichen Investitionen, auch die Finanzierung von Abschreckungspolitik und Ukraine-Hilfe soll über neue Schulden erfolgen. Den Kommunen fehlen die Mittel zur Instandhaltung von Schulen und Straßen, vielerorts verlottert das Stadtbild, schrittweise etablieren sich „No-go-Areas“. Weil kleinteilige Vorschriften und mangelnde Digitalisierung keine Handlungsspielräume lassen, leisten Millionen öffentlicher Bediensteter nur noch Dienst nach Vorschrift.

Seit dem zweiten Kabinett Schröder (2002) regiert ein wirtschaftsfeindlicher Geist. Nach zwanzig Jahren ziellosen Durchwurstelns ist Deutschland wieder der kranke Mann Europas. Auch wenn es nun in Details vorangehen mag, der Koalitionsvertrag ist kein Zukunftsmanifest. Im Nebeneinander des Unvereinbaren dokumentiert er ein Erkenntnisproblem. Statt über den Markt immer bessere und preiswertere Angebote zu stimulieren, treibt der Staat die Kosten, behindert technischen Fortschritt und demotiviert die Leistungsfähigen. Ideologen verkünden Durchhalteparolen, Subventionen und ein überzogener Datenschutz verhindern die nötige Transparenz. Indem die Politik die Soziale Marktwirtschaft vernachlässigt, erstickt sie den uns innewohnenden Gemeinsinn und jeglichen Antrieb zur Eigenvorsorge (schafft dafür aber neue Stellen im öffentlichen Dienst). Von Ludwig Erhard und Marktvertrauen also keine Spur.

Gerade weil so vieles unverständlicherweise vom Staat alimentiert wird und zugleich doch immer weniger funktioniert, fühlen sich immer mehr Bürger abgehängt. AfD/BSW/LINKE konnten bei den Bundestagswahlen ihren Stimmenanteil von 21,9 (2017) auf 34,6 Prozent (2025) steigern. Der Zulauf stammt mehrheitlich von früheren Wählern der FDP, SPD und Union, den für Links- oder Rechtsextremismus unverdächtigen „Parteien der Mitte“. Zuletzt verhinderten einige wenige fehlende Stimmen den Parlamentseinzug des BSW, was sonst eine Koalition aus vier Parteien erfordert und die Regierungsfähigkeit gefährdet hätte.

Damit die vielen Fleißigen hierzulande nicht länger die Dummen sind, braucht es mehr persönliche Zumutung und weniger staatliche Bevormundung. Motivation zur Eigenverantwortung setzt die Überwindung der Teilzeitfalle im Bürgergeld voraus. Die Begrenzung des Zustroms unerwünschter Migranten könnte über die Prüfung im Ausland digital gestellter Anträge erfolgen — im Ablehnungsfall mit Verweigerung von Einreise und Alimentierung. Die Energiewende braucht realistische Ziele, Subventionen sollten zurückgefahren und ein technologieoffener Wettbewerb zur Dekarbonisierung initiiert werden. Die absolute Deckelung der Sozialausgaben ermöglicht Investitionen in Bildung, Forschung, Infrastruktur und Sicherheit, ohne dass hohe Schulden die Zinsen treiben. Der Bürokratieabbau erfordert ein Moratorium neuer Vorschriften sowie die Entlastung von Dokumentationspflichten.

Glücklicherweise hat Deutschland noch immer enormes Potenzial. Gerade die traditionsreichen Familienunternehmen wissen, wie man diese Stärken im Wettbewerb einsetzt. Risikobewusste Eigenfinanzierung und konkrete Zielvereinbarungen, dezentrale Verantwortlichkeiten und definierte Handlungsspielräume, Ergebnistransparenz und Erfolgsbeteiligung steigern die Motivation der Leistungswilligen zugunsten von Fortschritt, Wachstum und Zusammenhalt. Was diesbezüglich in kurzer Zeit auch volkswirtschaftlich möglich ist, hat die Hartz-Kommission bewiesen (2002). Durch alle Ebenen von Staat und Gesellschaft ging damals ein Ruck — Leistungsanreize wurden ausgeweitet, Alimentierungen eingeschränkt, die Produktivität bei sinkenden Staatsausgaben gesteigert. Als Unternehmen vertrauen wir auf die Soziale Marktwirtschaft und deren verfassungsgemäße Stärkung. Entsprechend gehen wir mit Rekordinvestitionen in Vorleistung — nicht nur im Ausland, sondern auch in Deutschland, nicht nur in den Standort, sondern auch in die Menschen. Denn auf die Erfindungsgabe und Leidenschaft unserer Belegschaft vertrauen wir am allermeisten.

Möge also der angekündigte „Herbst der Reformen“ endlich beginnen, selbst wenn es darob Frühling wird. Bis dahin, Brüder und Schwestern, eine gute Nacht. Der Herr im hohen Himmel hoffentlich wacht.

Der Autor ist seit 1996 Geschäftsführer der Maschinenfabrik Reinhausen GmbH (MR) in Regensburg. Geschäftszweck ist die Sicherstellung von Lastfluss, Stromqualität und Verfügbarkeit für Hersteller und Betreiber kritischer Netzbetriebsmittel. Die Hälfte des weltweiten Stromverbrauchs wird mit Lösungen der MR geregelt, entsprechend bedeutsam sind diese für das Gelingen der Energiewende. Mittels 44 Beteiligungsgesellschaften ist das Unternehmen in 27 Ländern vertreten. Zuletzt erwirtschafteten 4.900 Mitarbeiter einen Umsatz von 1,2 Milliarden Euro (2024). Die Geschichte des Familienunternehmens umspannt sechs Generationen (1868), die Erteilung grundlegender Patente (1926) sowie kontinuierlich hohes Wachstum.