Frank Straub

Vorsicht Zinsfalle

Beim Studium der Volkswirtschaft lernt man bereits im ersten Semester, dass der Zins ein Entgelt dafür ist, dass man Geld anderen ausleiht. Man verzichtet dafür auf den Nutzen, den gespartes Geld stiften kann.

Die Notenbanken haben, getrieben von der Staatsschuldenkrise und den Sorgen um die Konjunktur in einigen Ländern, mittels ihrer Geldschwemme den Zins als Regulator für die Geldverwendung weitgehend ausgeschaltet. Die Gesetze des Marktes, die auch am Kapitalmarkt gelten sollten, wurden außer Kraft gesetzt. Angebot und Nachfrage regeln nicht mehr den Preis des Geldes, für Risiko gibt es praktisch kein, zumindest aber kein adäquates Entgelt mehr.

Was bedeutet das für unsere Unternehmen und unsere Gesellschaft? Zunächst einmal Gutes. Der Zinsaufwand in unseren Bilanzen ist geringer, die Renditen entsprechend höher. Gesellschafter thesaurieren ihre Gewinne bereitwilliger in ihren Unternehmen, da insbesondere bei Personengesellschaften die in den Gesellschaftsverträgen geregelten Verzinsungen derzeit im Vergleich äußerst attraktiv sind. Den Managern in Familienunternehmen bereitet dies allerdings manchmal Kopfschmerzen, weil diese Firmen sich über die Banken viel billiger refinanzieren könnten.

Ein weiterer Vorteil: Investitionen rechnen sich auch bei geringerem Return on Investment. Hier beginnen bereits die ersten Gefahren, wenn bei sehr langfristigen Investitionen mit billigem Geld nicht fristenkongruent durchfinanziert werden kann. Wieder steigende Zinsen können dann Investitionen sehr schnell unrentabel machen, wenn zu scharf kalkuliert wurde. Es besteht dadurch die Gefahr, dass Kapital falsch investiert oder sogar verschwendet wird.

Das gleiche gilt auch für unsere Volkswirtschaften, in denen das billige Geld zu Fehlinvestitionen bzw. Fehlallokation von Kapital führen kann. Die extrem niedrigen Zinsen entfalten dabei eine Wirkung, die Subventionen sehr ähnlich ist. Geld wird dadurch verschwendet, dass es auch in volkswirtschaftlich zweifelhafte Anlagen fließt, wie beispielsweise bei den Subventionen für den „Aufbau Ost“ nach der Wiedervereinigung.

Die negativen Wirkungen potenzieren sich jedoch bei den Geldanlegern. Sparkonten und Termineinlagen lohnen sich nicht mehr. Die Geldentwertung, derzeit zwar kurz unterbrochen, nagt mittel- und langfristig an der Substanz. Vor diesem Hintergrund müsste das Inflationsziel der EZB von 2 Prozent neu justiert werden, denn bei einem Zins von nahezu Null ist es eigentlich zu hoch.

Die Niedrigzinsen treiben – das ist wiederum ein Vorteil – derzeit unsere Inlandskonjunktur. Wir spüren das in unserer Gruppe beispielweise an der gut laufenden Nachfrage nach Küchen. Es wird gerade sehr stark in Langlebiges investiert und dabei nicht nur in Kunst und Oldtimer, sondern auch und gerade in Immobilien. Die Folge sind beginnende Blasenbildungen an den Immobilienmärkten in Deutschlands Ballungsgebieten. Hier wird es früher oder später ebenso ein unangenehmes Erwachen geben wie beim gleichfalls vom billigen Geld getriebenen Aktienmarkt.

Ein weiteres Problem des Niedrigzinses sind die Anlagen in Lebensversicherungen und die von ihnen getragenen Alterssicherungen, welche immer unrentabler werden. Auch wenn betriebswirtschaftlich die Vorteile in unseren Unternehmen überwiegen, sind die volkswirtschaftlichen Risiken und Nebenwirkungen beachtlich. Sie werden früher oder später auch uns „ins Kreuz fallen“.

Aber lassen Sie es uns pragmatisch sehen: Im Augenblick tut es uns gut. Wir dürfen die momentan günstige Situation nur nicht achtlos extrapolieren, was wir alle nur zu gerne tun.

Frank Straub, Vorsitzender des Verwaltungsrats der Blanco-Gruppen und Vertreter des Familienstammes Blanc im Verwaltungsrat der Blanc und Fischer Familienunternehmensgruppe, ist der Enkel von Heinrich Blanc, der „Blanco“ 1925 in Oberderdingen in der Nähe von Karlsruhe gründete.

Das Unternehmen gehört heute weltweit zu den führenden Herstellern von Ausstattungen für Haushaltsküchen, professionelle Küchen und Spezialmobiliar für den medizinischen Bereich. Blanco produziert zudem Bordküchen für Schnellzüge – und für industrielle Kunden jedes nur denkbare Funktionsteil aus Edelstahl oder anderen hochwertigen Materialien. 1.300 Mitarbeiter in 100 Ländern erwirtschaften ca. 293 Mio. Euro Umsatz.