09/29/2021
Dr. Harald Marquardt

Steuern senken – Wirtschaftsstandort Deutschland stärken

Mangelhafte Lebensläufe, fehlende Quellennachweise oder gendergerechte Gesetzestexte – an effekthaschenden Knallbonbons fehlt es diesem Bundestagswahlkampf nicht. Leider werden dadurch wirklich drängende wirtschaftspolitische Themen übertönt. Das ist nicht nur ärgerlich für all jene, die vielleicht allzu naiv auf ernsthafte Debatten gehofft hatten. Die Ignoranz essenzieller ökonomischer Fragen im politischen Diskurs birgt auch reale Gefahren für unser Land, das sich ja – wie lange eigentlich noch? – als Industrienation bezeichnen darf.

Wie etwa wollen wir die eklatanten finanz- und wirtschaftspolitischen Folgen der Corona-Krise, gerade im Sinne künftiger Generationen, bewältigen? Und wie unsere Unternehmen im globalen Wettbewerb stärken?

Mit einer Staatsfinanzierung durch die Druckerpresse ist auf Dauer jedenfalls niemandem geholfen. Ebenso wenig zielführend sind populistische Nebelkerzen einiger Zeitgenossen, die beflissen nach einer höheren Besteuerung „der Reichen“ und der Unternehmen rufen. Die Frage nach der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands, mithin der Quelle unseres Wohlstands, bleibt dabei bezeichnenderweise meist unkommentiert. Stattdessen wird lieber über Umverteilung sinniert und der generöse Vorschlag einer Vermögensteuer aus der Mottenkiste geholt.

Wer solch selbstlose Pläne vorträgt und sich das Mäntelchen des sozialen Fürsorgers umlegt, sollte sich einige Fakten noch einmal (oder erstmals?) vergegenwärtigen: Ein Großteil der Wertschöpfung in unserem Land wird von den vielen kleinen, mittleren und großen Familienunternehmen und ihren Beschäftigten erarbeitet. Gerade für das „Rückgrat der deutschen Wirtschaft“ haben sich die Rahmenbedingungen in den letzten Jahren allerdings kontinuierlich und zunehmend dramatisch verschlechtert.

So gehören wir schon lange zu den Ländern mit den höchsten Abgaben weltweit. In Sachen Steuerattraktivität belegen wir im internationalen Vergleich einen der letzten Ränge. Marquardt ist in rund 20 Ländern aktiv – steuerlich gesehen rangiert Deutschland in unserem Fall im letzten Viertel.

Hinzu gesellen sich viele weitere Kosten, die den globalen Wettbewerb zum Nachteil unserer heimischen Industrie eklatant verzerren. Beispiel Energie: Kein anderes Land der Welt hat derart hohe Strompreise. Weit über 50 Prozent der Stromkosten resultieren bei uns aus staatlichen Abgaben, Steuern sowie regulierten Netzentgelten. Bei Marquardt belief sich allein die EEG-Umlage im Jahr 2020 auf knapp zwei Millionen Euro, Geld, das an anderen Stellen für Investitionen fehlt. Übrigens: Die Photovoltaikanlage auf unserem neuen Entwicklungs- und Innovationszentrum und das eigene Blockheizkraftwerk am deutschen Stammsitz waren zusammengenommen günstiger als diese jährlich wiederkehrend zu entrichtende deutsche Sondergebühr. Mit wenig bürokratischem Aufwand schaffen wir damit aber eigenverantwortlich einen unmittelbaren und langfristigen Nutzen für den Klimaschutz.

Zur kontraproduktiven Idee einer Vermögensteuer sei daran erinnert, dass der Großteil des Vermögens der reichsten Deutschen nicht auf privaten Konten schlummert oder in schicke Yachten investiert wird. Wie das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen jüngst wieder bestätigte, ist es überwiegend in Betrieben gebunden: in unserem Fall in über 2.000 gut bezahlten Arbeitsplätzen in Deutschland, in Firmengebäuden, Software, Produktentwicklungen, Lizenzen, Patenten, Produktionslinien für die E-Mobilität etc.

Überdies investieren unzählige Unternehmer ihr bereits mehrfach versteuertes Vermögen auch in soziale, kulturelle und Umweltschutz-Projekte. Oder in eine jüngst eingeweihte neue Sporthalle für die Gemeinde Rietheim-Weilheim. Sie tun dies, weil ihnen der gesellschaftliche Zusammenhalt ein echtes Anliegen ist.

Kurzum: Die neue Rekordverschuldung, die Herausforderungen des Klimaschutzes und die Transformation unseres Landes lassen sich nicht mit Neiddebatten, durch mehr Umverteilung und eine noch höhere Belastung derjenigen bewältigen, die schon heute die größten Steuerzahler sind und Millionen Arbeitsplätze schaffen.

Die künftige Bundesregierung sollte deshalb wachstumsfeindlichen Steuererhöhungen eine klare Absage erteilen. Sie sollte mit umfassenden Reformen die Abgabenlast insbesondere kleinerer und mittlerer Unternehmen nachhaltig reduzieren, damit Deutschland wieder wettbewerbsfähiger wird und Investitionen hierzulande sichergestellt werden. Und schließlich sollte die Regierung Vertrauen haben: Vertrauen in die Leistungsfähigkeit, in die Innovationsfreude und das gesellschaftlich verantwortliche Handeln der vielen Familienunternehmen. Sie werden nicht nur für gute Steuereinnahmen sorgen. Sie wollen zugleich unser Land mitgestalten und wieder nach vorn bringen. Das kann schon gelingen – wenn man das will!

Seit der Unternehmensgründung im Jahr 1925 hat sich die Marquardt Gruppe nach eigenen Worten zu einem der global führenden Mechatronik-Experten entwickelt. Die Produkte des Mechatronik-Spezialisten – darunter Bedienkomponenten, Fahrzeugzutritts-, Fahrzeugberechtigungs- und Batteriemanagementsysteme für elektrobetriebene Fahrzeuge – kommen bei vielen namhaften Kunden der Automobilindustrie zum Einsatz. Ebenso sind Systeme von Marquardt in Hausgeräten, industriellen Anwendungen und Elektrowerkzeugen zu finden. Das Unternehmen beschäftigt weltweit etwa 10.600 Menschen an 20 Standorten auf vier Kontinenten. Der Umsatz lag im Geschäftsjahr 2020 bei 1,2 Milliarden Euro. Der Stammsitz ist in Rietheim-Weilheim.